Es war einmal vor gar nicht so langer Zeit, da wollte jemand in sein Treppenhaus neue Leitungen für die Beleuchtung verlegen. Er griff also zur Fräse und fräste Kanäle für die Kabel und schloss mit Putzmörtel diese Gräben wieder, nachdem die Leitungen an ihrem Platz waren. Auch ein großer Haus-Sicherungskasten in hellem Grau kam hinzu, was nicht weiter störte, weil das ganze Treppenhaus dick mit Leimfarbe in Lappenwickeltechnik geschmückt war und eigentlich nichts diesen Anblick weiter verschlimmern konnte.

Doch deswegen oder gar aus diesem Grund ergriff den Bauherrn Mitleid mit sich, seinen Mitbewohnern und dem Treppenhaus selbst: in ihm kam der Wunsch auf: diese Leimfarbe muss weg!

Nun ist das aber so eine Sache mit der Leimfarbe. So gut sie deckt und so günstig sie auch ist – bei jeder Renovierung sollte sie abgewaschen werden. Dieses ist bekanntermaßen eine große Schweinerei, und nicht jeder mag mit Wasser um sich werfen und in bunten Pfützen waten, selbst wenn der Strom abgeschaltet ist. Also rief man den Maler… er sollte es wieder schön und heimelig machen, das Raue dem Glatten angleichen und alles in hellem Crémeton neu mit Farbe verzieren. Wohlan, sprach da der Maler, lasset es uns angehen.

Doch leset, was sich nun zutrug.

Farben erschienen aus alter Zeit, die gar lieblich anmuteten. Muster zierten einst Decken und Wände, erinnerten an Laub und Ranken, Blüten und Täfelungen und korrespondierten mit den Verglasungen der Türen.

Immer schönere Elemente tauchten auf, doch zur gleichen Zeit die Frage: soll das alles beige überstrichen werden?

Was nun? Die neu verlegten Kabel machten einer Restaurierung genauso einen Strich durch die Muster wie durch die Rechnung. Nach einigem Überlegen entschied man sich jedoch zur Erneuerung.

Nun mussten die Dimensionen sowie die Anordnung im Raum (auch an den Schrägen, Kehren und Abstufungen) gesichert, die Muster mit Transparentpapier kopiert und alle Farbtöne sämtlicher Strichlein ermittelt werden.

Nun waren – gerade im Sockelbereich der Wände, manche Rankenmuster in Blau und Grün, was als unschön empfunden wurde. Da das Haus nicht unter Denkmalschutz steht, kamen noch Änderungswünsche hinzu, die eine gewisse Herausforderung darstellten: die oberen Bereiche der Wände sollen aussehen wie Sandstein, in den Deckenkassetten sollen Wolken erscheinen, der untere Wandbereich soll an farbkräftigen Marmor erinnern…

So sollte es geschehen.

Sandstein: Wandlasur

Wolken: Pinselmalerei

Marmor: Farbe mit Spachteltechnik

Aus halbwegs kräftiger Folie ließen sich Schablonen fertigen, aus denen die Muster der Dekore geschnitten werden konnten. So konnte das Verzieren beginnen. Die Wolken kamen auch Stück für Stück mit hinzu.

Der mittlerweile glattgespachtelte Sockel erhielt auch die ersten Ranken.

Blattstiele, Begrenzungslinien, noch ein paar Muster an leere Wandflächen und der Scheuersockel – die Arbeiten neigten sich dem Ende.

Wahrscheinlich ist es besser als glatt einfarbig, jedenfalls ist es nun besser als vorher:

Dies Treppenhaus erfreut seither einen jeden, der hindurchschreitet. Die Farbtöne verströmen sogar des Winters Wärme. Und wenn sie nicht verblichen sind, erfreuen sie noch heute.